Ein Augenzeugenbericht
MIG-29 Fulcrum High Aerobatic Flight
Ich werde den Tag niemals vergessen, als meine Frau Janne sagte, Sie wolle in einem Kampfjet fliegen. In dieser Zeit hörte sich dies jedoch so an, als wäre es ein weiterer Punkt auf der gigantischen Wunschliste, und er geriet alsbald in Vergessenheit.
Über die nächsten Jahre hinweg tauchte dieser Punkt jedoch immer wieder auf. Ignoriert am Anfang, war da jedoch dieser Unterton der Leidenschaft eindeutig zu bemerken.
Im letzten Jahr hatte ich dann die Gelegenheit einer lebenslangen Erfahrung. Ein guter Freund hatte in den USA eine Segeljacht gekauft, und diese Jacht sollte nun über den Atlantik segeln nach Norwegen. Ich wurde gebeten, ihn bei der Atlantiküberquerung zu begleiten, und ich zögerte nicht eine einzige Sekunde, um ja zu sagen. Um dieses Martyrium in Worte zu fassen: es dauerte 3 Monate (-1 Tag), um die Jacht über den Atlantik nach Norwegen zu segeln! Wie jeder verheiratete Mann weiß, muss dann auch ein Wunsch der Ehefrau kompensiert werden, und ihr Wunsch einen Jet zu fliegen, kam wieder an die Oberfläche.
Wir surften durch das Internet und schnell wurde klar: es war tatsächlich möglich mit einer MIG-29 in Russland zu fliegen.
Ich dachte, obwohl ich sehr viel fliege (als Passagier), könnte ich dies nun wirklich nicht als mein Hobby beschreiben. Die Versuche, mit Janne darüber zu sprechen, dass dieser MIG-29 Flug wohl vollkommener Wahnsinn sei und nur für spezielle Piloten, förderte nur noch mehr ihren Willen, dies auch wirklich zu tun. Nach kurzer Zeit war ein Datum angesetzt, um tatsächlich die MIG-29 zu fliegen. Es sollte eine "Mädchen Party" im großen Stil werden. Sie und zwei ihrer Freundinnen würden die Reise nach Russland zusammen unternehmen, und sie würde die MIG-29 fliegen. Dies wurde sozusagen in Stein gemeißelt!
Ich erinnere mich noch lebhaft an einen Abend, als ich von meinen Erfahrungen der Atlantik-Überquerung erzählte. Es wurde mir der hart verdiente Respekt entgegengebracht, jedoch wurde dieser schnell "vom Himmel geblasen", nur durch eine Bemerkung meiner Frau: 'Weißt Du was? Ich werde MIG-29 fliegen!' Offenbar war sie nicht zu stoppen. Ich war froh, als sich der Tag endlich näherte. Ich dachte noch daran: Hoffentlich baut sich ein Defekt auf, z.B. der Kraftstoff-Pumpe in der Jet-Turbine, und es hätte von jetzt auf gleich ein Ende gehabt!
Und meine Wunschgebete wurden doch tatsächlich erhört: Nur zwei Tage vor dem geplanten Abflug meldete sich der Agent und sagte, es wäre ein technisches Problem aufgetreten, und aus Sicherheitsgründen würde der Jet am Boden bleiben müssen. Enttäuscht zunächst, entschied sich Janne mit ihren Freundinnen nach Russland zu reisen, und ein paar Tage zu relaxen. Während dieser Zeit überlegte ich, sobald sich die neue Möglichkeit bieten würde, würde ich Janne begleiten. Da wir jedoch unseren Jahresurlaub schon verplant hatten, musste die Tour um ein paar Monate verschoben werden.
Im April dann lag dann alles auf unserem Tisch: Space Affairs hatte alles organisiert, Flugtickets, Fahrkarten, Visum und Hotels. Der Tag des Abflugs näherte sich nun mit großen Schritten, und dieses Mal würde ich sie begleiten. Sie würde MIG-29 fliegen!
Via Kopenhagen reisten wir nach Moskau und blieben dort ein paar Tage zur Erholung. Die Tage dort vergingen wie im Fluge durch Sightseeing der bekannten Attraktionen, und die Zeit war gekommen nach Nizhny Novgorod (vorher bekannt als "Gorki") zu fliegen. Ein Inlandsflug mit einer zweimotorigen Propellermaschine stand bevor, und meine Befürchtungen wurden bestätigt, als die Flugbegleiterin "Kotztüten" vor dem Flug verteilte! Eineinhalb Stunden später kamen wir in Nizhny Novgorod an. Der Flug war sehr holprig da wir in einige Schlechtwetterzonen geraten waren. Ich trat in die Ankunftshalle des Flughafens, weisgesichtig - mit einer entspannten Frau an meiner Seite. 'Diese Turbulenzen waren doch nichts!' war nur ihr trockener Kommentar.
Das 'Alexandrovsky Garden' Hotel in Nizhny Novgorod war sehr schön. Es bot einen schönen Blick auf den Fluss und lag in der Nähe des Stadtzentrums. Am Nachmittag vor dem MIG-29 Flug rief Andreas Bergweiler an. Janne stand unter der Dusche, und somit sprach ich mit ihm. Er gab mir letzte Instruktionen für den bevorstehenden Flug, und meinte - Janne sollte auf jeden Fall Wäsche zum Wechseln mitbringen um gegen "Unfälle" gewappnet zu sein, die während des Flugs auftreten können. Er meinte damit Unfälle, die durch Mageninhalt verursacht werden könnten.
Ich machte mir nun noch mehr Sorgen und erinnere mich, dass ich in der Nacht vor dem Flug davon geträumt habe, Janne würde aus dem Cockpit fallen! Meine Bedenken wurden von ihr einfach weggewischt, und sie brachte es doch noch tatsächlich fertig, am nächsten Morgen ein normales Frühstück zu sich zu nehmen, als würde sie nun nur auf eine normale Tour gehen. Das würde für mich die Hölle des Tages werden!
Pünktlich wurden wir abgeholt und zur Basis gefahren. Nach einer sehr ausführlichen und interessanten Führung durch das Flugmuseum habe ich schnell gemerkt, dass es sich hier um Menschen handelte, die sehr stolz auf ihre hier produzierten Flugzeuge und Jets waren. Wenn man ihnen im Museum zuhörte, wurde das einem sehr schnell klar - dass es anders gar nicht sein konnte.
Dann, endlich, kam der 'to do' Teil. Janne wurde dem Piloten vorgestellt, und ich erinnere mich noch an seinen Blick. Es war ein sehr skeptischer Blick - jedoch von mir nicht eindeutig zu zuordnen, war der Blick auf die kleine blonde norwegische Frau an meiner Seite gerichtet, oder eher mir - dem großen weisgesichtigen Mann, der sich Sorgen machte! Ich weiß es bis heute nicht. Janne wurde zur ärztlichen Kontrolle gebracht. Nach 12 Jahren Ehe weiß ich, dass ein Besuch bei einem Arzt alles andere als angenehm sein kann, jedoch brachte Janne die medizinische Untersuchung mit Bravour hinter sich. Alles war in Ordnung.
Dann wurden wir zur Einkleidung gebracht. Der Versuch ihr die richtige Ausrüstung zu geben, erwies sich als sehr schwierig. Ich vermutete, dass die Größe eines 'normalen' Piloten die 1,64 m von Janne um Längen schlagen würde!
Nach den erforderlichen Sicherheitsinstruktionen war die Fahrt zum Jet sehr kurz. Janne wurde in den Co-Pilotensitz hinter dem Piloten festgeschnallt, der Sitz wurde nach oben gestellt und sie wurde mit den wichtigsten Instrumenten wie Geschwindigkeit, Flughöhe, Roll-Indikator und Kommunikation vertraut gemacht. Es wurde ihr das Schleudersitzverfahren eindeutig erläutert, und meine Hölle im Kopf war noch mehr ausgebrochen als vorher! Es wurde jedoch hervorgehoben, dass dieses Prozedere nur zu Ihrer Information dienen würde, im Ernstfall würde sich der Pilot um alles kümmern und sie 'hinausschießen'. Alles würde automatisch gehen. Janne sollte auch nicht auf irgendeinen Knopf drücken! Wenn doch, würde man mir die Rechnung senden - sagte man mir scherzhaft! (Eine sehr tröstliche Botschaft dies zu wissen, kannte ich ihre jahrelangen frustrierenden Erfahrungen mit den TV-Fernbedienungen!).
Dann hob der Jet ab und begann eine Testrunde. Der Pilot wollte so beurteilen, wie viel Jannes Körper aushalten würde. Wenn alles in Ordnung wäre und alles im grünen Bereich läge, würde er sie mitnehmen zu den akrobatischen Flugmanövern. Und genau so geschah es. Als die MIG-29 zur Basis nach der Testrunde zurückkehrte begann der Pilot zu meiner großen Entlastung dann über der Basis mit Flugmanövern, die ich so nur aus Filmen kannte. Rollen, Loopings, Turns - und was weiß ich noch alles! Die Kunststücke über der Basis wurden geflogen, als gäbe es kein Morgen! Es war für mich äußerst beeindruckend, das alles vom Boden aus zu beobachten. Die Flugeigenschaften der MIG-29 sind einfach nur fantastisch!
Etwa 45 Minuten später landeten sie, und der Pilot verließ das Flugzeug sehr schnell und kam auf mich zu, um mir die Hände zu schütteln. Er erklärte, dass alles, was er in der Sprechanlage hören konnte, ihr Kichern und Lachen war. Nach jedem Flugmanöver! Bis zu 7.2G wurden erreicht - mir wurde ganz übel als ich das alles hörte. Noch auf dem Rückweg zur Basis schüttelte der Pilot mit Unglauben den Kopf. Wie war das nur möglich? Sie kam noch nicht mal ins Schwitzen! Ich musste dann dem Piloten recht geben, meine Sorgen vorher waren alle unbegründet! Ein großer Erfolg! Einfach nur unglaublich!
Die Reise nach Hause von Nizhny Novgorod über Frankfurt am Main ging schnell und effektiv.
Ein paar Wochen später erhielten wir die Bilder und die Flugvideos. Jeder Besucher in unserem Haus ist stolz darauf, was Janne geleistet hat. Die Reaktionen auf das Flugzertifikat, die Videos und die Fotos sind alle gleich: 'Oh mein Gott, was hast Du getan?'
Mittlerweile habe ich meine Filme von meinem Segeltörn weggepackt. Sie können dem Vergleich nicht standhalten, Janne im Cockpit zu sehen während ihrer 45-minütigen akrobatischen Flüge mit der MIG-29. Dem Treiben eines Segelbootes zu beobachten, welches nach Osten treibt ist nicht zu vergleichen mit ihrem Flug! Bei den tollsten akrobatischen Stunts über dem Himmel von Russland!
Der Wunsch in ihr kam durch, und ihr habt, dass alles möglich gemacht! Vielen Dank an alle Beteiligten, vor allen Dingen an Andreas Bergweiler, der so viel Geduld und Muße und absolutes Fachwissen gegenüber Janne gezeigt hat, um ihr diesen Lebenstraum zu ermöglichen!
Meindert van der Velde, Janne's Ehemann - Stavanger/Norwegen – April 2009
Janne (und ihr Ehemann Meindert) aus Norwegen hatte schon lange einen Traum: Einmal im Leben mit einem Jet zu fliegen.
Wir erfüllten Ihr diesen Traum und Ihr Ehemann Meindert schrieb uns dazu einen Bericht aus seiner Sicht.